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Viele Inhalte, kaum Könige

Content is King! Spätestens seit Anbruch des digitalen Zeitalters werden Menschen mit Werbebotschaften überschüttet. Zwei inflationär verwendete Begriffe der Werbebranche sollen helfen, die Leute wieder besser zu erreichen: Content und Mehrwert-Orientierung. Das daraus abgeleitete Rezept erscheint simpel: Kommunikatoren, welche ihre Zielgruppe mit relevanten Inhalten füttern und dabei Nutzen stiften, werden erhört. Doch reicht es, sich an diese Zauberformel zu halten?

Thomas Strerath – Vorstand und Partner der Agentur Jung von Matt – sagt nein. Innerhalb eines Gastbeitrags im Magazin W&V (2016) spricht der Werber sogar von der „Content-Lüge“. Er erklärt, dass vermeintliche Zauberformeln nur dann funktionieren, wenn sie von einigen wenigen, statt von allen angewendet werden. Momentan bauen viele Marken eigene Inhalte auf: Das Angebot steigt dramatisch. Demgegenüber steht eine begrenzte Nachfrage. Selbst Big Data oder clevere Algorithmen ändern nichts an der Tatsache, dass rund elf Stunden durchschnittlicher Medienkonsum von Endkunden nicht ausreichen, um all die Markenbotschaften zu konsumieren.

Als mögliche Lösung nennt Thomas Strerath „Reduktion“. Er rät, sich auf das Wesentliche zu beschränken und sich durch Kreativität und Relevanz zu differenzieren. Einen weiteren Ansatz präsentiert Jonah Berger, Professor für Marketing an der Univeristy of Pennsylvania. Über Jahre hinweg haben Berger und sein Team Inhalte untersucht, mit dem Ziel, herauszufinden, welche von ihnen sich selber verbreiten. Sein Buch Contagious (2013) ist somit als eine Art Betriebsanleitung zu verstehen, die helfen soll, virale Inhalte zu produzieren.

Gerade Sportvereine, -verbände und Einzelsportler täten gut daran, Jonah Bergers sechs Empfehlungen für virale Inhalte zu beachten. Denn im Vergleich mit klassischen Unternehmen hat der Sport einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Er ist von Natur aus emotional.

Social Currency: Menschen streben nach Bestätigung, Anerkennung und Identität. Unternehmen haben das Potential erkannt und eigene Formen sozialer Währung geschaffen: Flugmeilen sind nur ein Beispiel. Auch Sportvereine können Identität vermarkten – beispielsweise mit kommerziellen Mitgliedschaften.

Triggers: Gerade weil es (zu) viel Content gibt, sollte die Zielgruppe immer wieder stimuliert werden. Sportvereine und Sportler genießen auch hier einen Vorteil: Sie kommen durch ihre Sportveranstaltungen immer wieder mit Fans, Sponsoren und Medien in Kontakt und können aktiv mit Anspruchsgruppen kommunizieren.

Emotion: Inhalte kreieren hoffentlich Emotionen, welche Menschen unter Umständen erregen. Je höher das Maß an Erregung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Inhalte geteilt und weiter verbreitet werden. Besonders aktivierend sind Ehrfurcht, Spannung, Humor, Ärger und Besorgnis. Auch in dieser Beziehung dürfte es der Sport nicht allzu schwer haben, solche Empfindungen durch Botschaften zu transportieren.

Public: Es hilft, wenn Botschaften in irgendeiner Form öffentlich sichtbar gemacht werden. Ein Beispiel dafür ist die Movember-Bewegung: Jeweils im November lassen sich Männer einen Bart bzw. Schnauz wachsen, um damit Spenden für die Erforschung und Vorbeugung von Prostatakrebs zu sammeln. Viele Einzelsportler stehen ohnehin in der Öffentlichkeit. Sie können sich oder ihre Sponsoren immer wieder auf authentische Art und Weise präsentieren und somit erlebbar machen.

Practical Value: Das Wort Mehrwert-Orientierung wird an dieser Stelle wieder aufgegriffen. Um in der Flut von Informationen erhört zu werden, ist es essentiell, den Leuten zu erklären, inwiefern sie von einem bestimmten Produkt oder Verhalten profitieren. Einzelsportler nutzen solche Möglichkeiten derzeit eher weniger. Es beispielsweise durchaus denkbar, dass Profisportler persönlich und exklusiv Trainingsstunden für Interessierte anbieten.

Stories: Leute teilen oftmals keine nackten Informationen, sondern Geschichten. Kreativität ist gefragt, um das so genannte Storytelling zu praktizieren.

Der Sport hat in Bezug auf die sechs Regeln von Jonah Berger leichteres Spiel als etwa Versicherungen oder Banken. Wie erwähnt sind Sportler tendenziell populär, Fans besuchen Sportveranstaltungen (Trigger) und alle Menschen denken bei Sport irgendwie an Emotionen. Diesen Heimvorteil muss der Sport nutzen.

 

 

Quellen

Berger, J. (2013). Contagious: Why things catch on (1st Simon & Schuster hardcover ed.). New York: Simon & Schuster.

Strerath, T. (2016). Thomas Strerath über die Content-Lüge (Gastbeitrag). W&V. Abgerufen von http://www.wuv.de/agenturen/thomas_strerath_ueber_die_content_luege  am 10. April 2016

Author:

Raffael Zanoni, Projektleiter Sponsoring & Events, OCHNSER SPORT (Zürich/Schweiz)

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